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Der Beginn

Du fährst durch die wilde Schönheit der Highlands. Der Weg war stellenweise holprig, doch die Aussicht war atemberaubend. Hier wirst du nun diesen widerspenstigen Damien Vale treffen – und ihn davon überzeugen müssen, dass sein Unternehmen mit einer soliden Social-Media-Präsenz auch in Zukunft Bestand haben kann. Nach knapp acht Stunden Fahrt von London taucht hinter einer Kurve plötzlich ein Anwesen auf, das dir fast den Atem raubt. Ein waschechtes mittelalterliches Schloss! Du hältst den Wagen kurz an, um das Bild, das sich dir bietet, zu erfassen. „Das kann ja spannend werden“, murmelst du vor dich hin. Dann startest du den Motor erneut und fährst über das Gelände auf die gusseiserne Toreinfahrt zu die sich automatisch öffnet.

Der Motor verstummt. Stille umfängt dich, nur unterbrochen vom leisen Rauschen des Windes, der über das karge, wilde Land streicht. Vor dir erhebt sich das Schloss – mächtig, düster, ein Relikt vergangener Zeiten, das sich gegen den Himmel reckt, als wolle es sich trotzig gegen die Gegenwart behaupten. Die Mauern sind aus dunklem Stein, gegerbt von Wind und Wetter, doch nicht verfallen. Stolz und unerschütterlich – genau wie der Mann, der hier lebt. Die Fenster sind schmal und hoch, manche mit eisernen Gittern versehen, als hätte das Schloss einst Eindringlinge gefürchtet – oder verhindern wollen, dass jemand hinausgeht. Im leichten Nebel, der über die Landschaft kriecht, wirkt es wie aus einer anderen Zeit entrückt.

Der Kies knirscht unter deinen Schritten, während du auf die massive Holztür zugehst. Keine Gegensprechanlage, keine Klingel – nur das rohe, alte Holz. Natürlich. Warum moderne Annehmlichkeiten, wenn man in seiner eigenen Welt existieren kann?

Du hebst die Hand, bereit anzuklopfen – doch bevor deine Finger das Holz berühren, öffnet sich die Tür mit einer lautlosen Präzision, die dich für einen Moment stocken lässt.

Und dort steht er. Ein Mann in den späten Sechzigern, in perfekter Haltung. Sein Anzug ist makellos, sein Blick ruhig – nicht distanziert, nicht wertend, sondern prüfend. Wie ein Schachspieler, der ein neues Spielbrett betrachtet.

„Guten Tag, ich habe einen Termin mit Mr. Vale, mein Name ist …“

Die Worte sind kaum über deine Lippen gekommen, da hebt der Mann vor dir die Hand. Eine ruhige, bedachte Geste – kein schroffes Abwinken, sondern ein stilles, bestimmendes Zeichen: Er weiß bereits, wer du bist.

„Guten Tag.“ Seine Stimme ist ruhig und tief – eine Autorität, die keine Lautstärke benötigt. „Willkommen. Mein Name ist Edgar Lennox. Und ich weiß, wer Sie sind.“

Ein Moment des Schweigens folgt, dann nickt er dir knapp zu. „Mr. Vale erwartet Sie bereits.“

Er dreht sich um, ohne weitere Erklärung. Kein „Folgen Sie mir“, kein Blick zurück. Es ist selbstverständlich, dass du mitkommst.

Du trittst ein. Die Tür schließt sich hinter dir. Der Moment ist still. Und endgültig.

Das Innere des Schlosses ist … anders, als du erwartet hast. Kein Museum, keine verstaubte Festung. Stattdessen ein Ort, an dem Geschichte und Gegenwart sich auf stille, eindrucksvolle Weise begegnen. Die Wände bestehen aus grobem Stein, geschmückt mit wenigen, aber markanten Gemälden – Werke, die nicht durch Schönheit, sondern durch Präsenz auffallen. Ein langer Korridor erstreckt sich vor dir, mit hochgewölbten Decken und gedämpftem Licht von alten, aber funktionalen Wandlampen.

Lennox geht voraus. Seine Schritte sind kaum hörbar. Alles hier wirkt durchdacht, geordnet. Keine Hektik. Keine Geräusche, die nicht notwendig wären.

Nach einigen Metern bleibt er vor einer Tür stehen. Dunkles Holz, schwere Eisenbeschläge. Er legt die Hand auf die Klinke, doch bevor er sie herunterdrückt, wendet er sich dir zu. „Mr. Vale wird in Kürze bei Ihnen sein.“

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Mit freundlicher Gebnehmigung von Joyce Travers. (Autorin)
Was aus ihren Worten fiel, landete auf meiner Werkbank.
Joyce wusste nicht, was ich daraus machen würde –
aber ich wusste, dass es geschehen musste.

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